An- und Abreise

Am Dienstag, den 17.01.23 haben wir uns als Klassenstufe gemeinsam morgens am Bernhäuser Bahnhof getroffen, sind zum Stuttgarter Hauptbahnhof gefahren und dort in den ICE nach Berlin gestiegen. Ohne jegliche Verspätungen kamen wir 5 ½ Stunden später noch vor dem Zeitplan am Hauptbahnhof an und mussten von dort aus nur noch ein paar Stationen weiter zu unserem Hotel.

Die Abreise drei Nächte später verlief etwas weniger geschmeidig. Wieder am Berliner Hauptbahnhof angekommen, war unser ICE gerade mal eine Station entfernt, kam jedoch trotzdem 15 Minuten später wegen unbefugten Leuten, welche man anscheinend nicht von den Schienen verscheuchen konnte. Das war aber nicht der einzige Zwischenfall. Nach einer Weile im ICE standen wir irgendwann für eine gute halbe Stunde in Leipzig aus Gründen, welche man über das Nuscheln des Bahnfahrers nicht entziffern konnte. Nach weiteren kleinen Zwischenfällen waren wir circa eine Stunde später als erwartet zurück in Stuttgart.

Das Hotel

Zunächst haben wir eine Einführung zu den generellen Regeln des Hotels bekommen. Wenig überraschend war ein absolutes Alkohol- und Rauchverbot. Dagegen war die Regel für manche überraschend, ab 22 Uhr leise sein zu müssen und ansonsten nach einer Verwarnung die Entfernung aus dem Hotel zu riskieren. Doch trotz der strikten Regeln und der Tatsache, dass man über siebzig Zehntklässler auf eine Etage in einem Hotel gesteckt hat, musste niemand frühzeitig abreisen.

Die Zimmer waren angenehm geräumig und auch ziemlich schön. Über das Frühstück gab es gemischte Meinungen, ich jedoch hielt es für angemessen. Es gab eine solide Variation an drei Brötchen und zwei unterschiedlichen Marmeladen. Es gab noch diverse andere Brotauflagen, welche man bei einem Frühstück so finden kann, aber auch teilweise verschimmelte Eier. Highlight des Frühstücks jedoch war für mich der unbegrenzt kostenlose Kaffee – zumindest solange es Kaffee in der Maschine gab.

Tagsüber waren wir meist nicht im Hotel, da wir mit den für uns geplanten Führungen beschäftigt waren.

Das Programm

Am Anreisetag hat die ganze Klassenstufe direkt die Berliner Unterwelten besucht. Diese bestehen aus zwei ehemaligen Bunkern, welche in U-Bahnstationen gebaut wurden. Geplant waren diese als Zivilschutzanlagen für den Kalten Krieg, kamen aber zum Glück nie zum Einsatz. Beide wären zu nah an der Oberfläche, um aktiv gegen Bomben schützen zu können und es wäre auch nicht wirklich gemütlich, mehr als einen Tag in diesen zu verbringen.

Wie zu fast allen Programmpunkten gab es auch hier gespaltene Meinungen, aber mir persönlich hat die Führung sehr gut gefallen, da man sich auch gut mit dem Tourguide unterhalten konnte.

Am zweiten Tag ging unsere Klasse morgens in den Tränenpalast. Dieser war der Hauptgrenzübergang von der BRD zur DDR. Uns wurde gut erklärt, wie sich die Regeln zum Grenzübergang im Laufe der DDR drastisch veränderten und was sich alles direkt dort abgespielt hat. Es war auch interessant zu sehen, wie viele Leute dort wie geflüchtet sind. Es wurden sogar ein paar Geschichten mit Bildern von einzelnen Personen erzählt. Auch wurde auf die Kontrollen dort eingegangen, bei welchen die Leute sogar oft von den rund 300 Passkontrolleuren schikaniert wurden. Sie haben den Grenzübergang immer extra zeitaufwendig gestaltet, um den Übergang in den Westen möglichst unattraktiv zu machen.

Danach sind wir als Klasse in das deutsche Bundesministerium der Verteidigung gegangen, welches für einige das Highlight der Reise war. Der Referent hat uns einen sehr guten Einblick in das System und die Prioritäten der deutschen Bundeswehr gegeben und er konnte uns auch erläutern, warum unsere Verteidigung im ersten Blick so schlecht scheint (und in manchen Punkten auch ist). Besonders hat viele von uns überrascht, wie unglaublich teuer die Ausrüstung für Soldaten und die Kriegsfahrzeuge tatsächlich sind. Die Bundeswehr hat auch im Vergleich zur USA nur sehr wenig Geld zur Verfügung und darf das, was sie hat, auch nicht so ausgeben, wie sie möchte, sondern muss bei Summen über 25 Millionen Euro die Erlaubnis vom Bundestag haben.

Unser nächster Halt war das Stasi-Gefängnis in Hohenschönhausen. Seitdem das Gefängnis in die Hände der Stasi gelang, ging es dort brutal zu, aber nicht in dem Sinne, in welchem man denkt. Anstatt roher Gewalt wurde dort ein Arsenal an psychischen Tricks verwendet, um die Insassen zum Gestehen von Straftaten zu bringen, welche sie oft nie begangen haben. Der Tour-Führer hat erklärt wie DDR-Bürger von der Stasi ausspioniert wurden, um sie dann, ohne dass es jemals einer bemerkt hat, zu entführen. Es war auch gruselig zu hören, wie unglaublich durchdacht der ganze Aufenthalt von der Stasi war. Die Insassen waren komplett machtlos. Es gab keine erfolgreichen Ausbrüche. Die Insassen durften mit niemandem außer ihren Verhörern reden. Und selbst wenn sie irgendwann mal freikamen, konnten sie absolut nichts machen, da sie wussten, dass die Stasi immer noch beobachtete, wo sie sich befanden und was sie taten. Sie selbst wussten nicht einmal, wo sie im Gefängnis gewesen waren. Meiner Meinung nach war unsere Führung dort ziemlich gelungen, obwohl unsere Gruppe anstatt von einem Zeitzeugen von einem Studenten herumgeführt wurden.

Am dritten Morgen sind wir zu einer DDR-Ausstellung gefahren. Es gab diesmal keine Führung, sondern wir sind einfach als Klassenstufe dort herumgewandert und konnten Ausstellungsstücke und dazugehörige Texte begutachten. Da wir zu dem Zeitpunkt schon über viele Themen Bescheid wussten, sind mir folgende drei Themen herausgestochen:

  1. Als erstes der Kaffee damals in der DDR: Anstatt normalen Röstkaffee, konnte man nur einen Kaffeemix kaufen, welcher nur zu 50 Prozent aus Röstkaffee bestand und sonst aus Zusatzstoffen wie Gerste. Das lag daran, dass die DDR nur Kaffee aus der BRD kaufen konnte und das auch nur ziemlich teuer. Und als dann die Kaffee-Ernten in Brasilien schlecht ausgefallen sind, kam noch weniger Kaffee in der DDR an und es kam zu einer Kaffee-Krise. 2. Dann die Wohnungen: Da die Miete gesetzlich niedrig gehalten werden musste, war die Qualität der Häuser mangelhaft. Die Altbauten sind früh zerfallen und die Einwohner mussten wegziehen. Das war aber schwer, da viele Leute bereits auf neue Häuser warteten, da es lange brauchte, bis diese gebaut wurden.
  2. Zuletzt fand ich die volkseigenen Betriebe damals sehr interessant. Die Bürger arbeiteten in diversen Betrieben wie Kindergärten, Freizeit- und Urlaubsangeboten oder Sportvereinen. Im Endeffekt waren diese Angebote aber nur vorhanden, damit der Staat die Bürger besser überwachen und die Leute von Kind an sozialistisch erziehen kann.

Danach sind wir alle weiter zur Gedenkstätte der Berliner Mauer gefahren und haben dort eine Führung bekommen. Diese war aber leider für unsere Gruppe sehr enttäuschend. Die Führerin bestand im Vergleich zu den anderen Tour-Führern darauf, nicht laut reden zu wollen und wir mussten ungemütliche und unpassende Headsets tragen, um irgendetwas verstehen zu können. Die anderen Teilgruppen hatten mehr Glück und berichteten von einer spannenden Führung mit interessanten Fakten über die Mauererrichtung und Geschichten über berührende Einzelschicksale.

Im Anschluss hatten wir endlich Freizeit und konnten die Vorkehrungen, welche für die Ankunft von Ursula von der Leyen getroffen wurden, live am Brandenburger Tor beobachten.

Danach ging es auch schon weiter in den Reichstag. Wir durften erst in der Kantine essen (das Essen war okay) und dann durften wir nach kurzem Warten bei einer Debatte im Bundestag zuschauen. Leider wurde mir aber vor dem Eintritt mein Klemmbrett und Stift abgenommen, also kann ich nicht genau berichten, über was geredet wurde. Das Überthema war auf jeden Fall die deutsch-französische Freundschaft und es wurde mehrfach von den Abgeordneten erwähnt, dass wir deutschen Jugendlichen unbedingt alle Französisch lernen müssen.

Nach einer Stunde im Reichstag durften wir mit Angeordneten aus dem Landkreis Esslingen sprechen. Meine Gruppe hatte ein Gespräch mit Matthias Gastel aus Filderstadt. Er konnte uns sehr gut erklären, was man als Abgeordneter alles macht und wie die Wochen im Wahlkreis und die Wochen im Bundestag ablaufen.

Freizeit

Offensichtlich hatten wir hiervon viel zu wenig. Das behauptet zumindest der Großteil unserer Klassenstufe. Ich hielt es für angemessen. Wir hatten jeden Abend nach dem letzten Programmpunkt (meist am späten Nachmittag/früher Abend) bis 22 Uhr Freizeit. Danach mussten wir auf unseren Zimmern sein. Unsere Freizeit war gut ausschöpfbar, da jeder ein Bus-/Bahnticket für Berlin hatte. Somit konnten wir jeden Abend beliebig in Berlin essen gehen und dabei versehentlich viel zu viel Geld ausgeben. Wir hatten auch noch Zeit, selbst Teile von Berlin zu besichtigen und gemütlich an der Spree entlang zu spazieren (und dabei versehentlich wie einer der Schüler sein Handy samt 100 Euro hineinzuwerfen. Passiert.) Ich persönlich habe jeden Abend die Freizeit voll ausgeschöpft und war an diversen Orten essen und bin oft am Alexanderplatz entlanggelaufen.

Fazit

Ich persönlich halte die vier Tage für eine lohnenswerte Reise und bin der Meinung, dass mehr Schulen etwas Ähnliches machen sollten. Für sehr viele Schüler war es auch das erste Mal in Berlin und ich halte es auch gewissermaßen für wichtig, die eigene Hauptstadt gesehen zu haben. Ich denke, ich spreche auch nicht nur für mich, wenn ich sage, dass man auch das ein oder andere von den Tagen mitnehmen konnte. Auch wenn es nur ist, dass man, wenn man das nächste Mal Steine in einen Fluss wirft, lieber sein Handy in einer geschlossenen Tasche haben sollte 😉. (Luis Allgöwer, Kl. 10)