Woyzeck: Opfer der Gesellschaft – sind wir das nicht alle?

Das Drama „Woyzeck“ von Georg Büchner in der Inszenierung von Zino Wey stand am 27. November 2023 beim Besuch der beiden Deutsch-Leistungskurse der Jahrgangsstufe 2 von Herrn Gugel und Herrn Steiner im Schauspielhaus Stuttgart auf dem Spielplan.

Mit dem Drama haben wir uns intensiv im Unterricht beschäftigt und waren trotzdem überrascht:

Selbst wenn man das Drama gelesen hatte, war es schwierig, dem Ablauf der Szenen zu folgen, und bestimmte Änderungen waren zum Teil verwirrend (Spoiler: Einer hat seine Hose runtergelassen). Eine weitere Änderung zur Textvorlage war zum Beispiel, dass der Hauptcharakter Woyzeck von einer Frau gespielt wurde. Gerechtfertigt wurde das dadurch, dass jeder in unserer heutigen Gesellschaft die Rolle Woyzecks, eines Außenseiters, annehmen könne.

Doch was ist die Essenz des Dramas? Woyzeck ist ein armer Mann, dessen ganzer Stolz und Besitz in seiner Geliebten Marie und seinem unehelichen Kind liegt. Zwar haben sie sich einander, doch das ist wohl nicht genug. Marie sehnt sich nach mehr Reichtum, Aufmerksamkeit und Wertschätzung, all das, was Woyzeck ihr nicht mehr geben kann, denn er ist damit beschäftigt, sich in der Gesellschaft durchzusetzen. In einer Gesellschaft, in der es darauf ankommt, sich zu beweisen, „ein guter Mensch zu sein“, wie es im Drama oft gesagt wird. Doch was macht einen guten Menschen aus? Mit dieser Frage setzten sich die Charaktere, wenn auch unterbewusst, im Laufe des Dramas auseinander. Woyzeck versucht vieles, um seine Familie über Wasser zu halten, dabei verkauft er seinen Körper, setzt seine Psyche aufs Spiel und lässt sich von anderen Menschen bestimmen – ein freier Mensch ist Woyzeck in seiner Determiniertheit schon lange nicht mehr. Offensichtlich gibt es wortwörtlich Drama im Drama, Stichwort: Eifersucht. Es wäre auch kein Drama, wenn es nicht auch eine Katastrophe geben würde. Worin diese Katastrophe liegt, wollen wir nicht komplett spoilern, aber vielleicht könnt ihr euch ja selbst schon denken, was passiert? Doch das Ende lässt viele Fragen offen, genauso wie die Umsetzung im Theater viele Fragen offen gelassen hat.

Abschließend können wir sagen, dass die Inszenierung von Woyzeck uns teilweise neue Perspektiven geboten hat, denn schließlich ist jede Inszenierung und jede Interpretation unterschiedlich und das ist auch sehr gut so! Außerdem hat die Inszenierung eine Menge Gesprächsstoff geboten und für angeregte Diskussionen gesorgt. Das liegt besonders daran, dass das Dramenfragment Woyzeck, obwohl es schon sehr alt ist, noch immer auf unsere heutige Gesellschaft zu übertragen ist und viele Menschen noch zum Nachdenken bringt. (A. Berisha, A. Rigo, P. Sever, Jahrgangsstufe 2)

Hier der Link zur Inszenierung des Schauspielhauses: https://www.schauspiel-stuttgart.de/spielplan/a-z/woyzeck/